Phasen eines Shitstorms: die Pre-Phase

Phasen eines Shitstorms: die Pre-Phase I alpinonline

Die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit im Netz bedeutet, dass ein Shitstorm schnell und zu jeder Tages- und Nachtzeit entstehen und rasch seinen Höhepunkt erreichen kann. Trotzdem kündigt sich die Akut-Phase meist im Vorfeld durch eine höheres Aufkommen an Kommentaren, Beschwerden oder Interaktionen an. Den Usern zuzuhören, digital und analog, ist hier ein guter Grundsatz, um einen Shitstorm schon im Vorfeld zu erkennen bzw. abzufangen.

Wenn Medien über die zugrunde liegenden Themen berichten, befindet man sich meist schon in der Akut-Phase und sollte sein gesamtes Shitstorm-Management aktiviert haben.

„Nach dem Shitstorm ist vor dem Shitstorm“ – die Learnings, Fehler, Prozessabläufe und Kommunikation nach einem Shitstorm zu reflektieren und auch in den Wochen danach eine eigene Strategie zu fahren, ist wichtig. Denn der Shitstorm ist nach den Peak-Tagen nicht vorbei, sondern hat sich lediglich in kleinere Wellen umgewandelt. Üblicherweise besteht ein Shitstorm also aus folgenden drei Phasen:

  • Pre-Phase
  • Akut-Phase
  • Post-Phase 

Pre-Phase – die Phase vor einem Shitstorm

Maßnahmen zum (frühzeitigen) Erkennen eines Shitstorms

Ein Shitstorm entsteht meist durch die subjektive Unzufriedenheit von Kunden, die dann keine andere Möglichkeit sehen als in den sozialen Medien diese Unzufriedenheit dem Unternehmen gegenüber zu kommunizieren. Ein Shitstorm kündigt sich in den meisten Fällen – allerdings nicht immer – an und kann durch schnelle, adäquate Reaktion abgeschwächt werden.

(Social-)Listening

Der wichtigste Tipp, um einen Shitstorm frühzeitig zu erkennen, ist „zuzuhören“. Jede Unzufriedenheit aufseiten der Kunden kann, wird sie nicht gelöst oder abgeschwächt, für einen Shitstorm sorgen. Daher gilt es, schon im Vorfeld folgende Strategien zu berücksichtigen:

  • Sensibilisierung des Customer-Service & Community-Management-Teams
    Mitarbeiter (oder Agenturen) sollen Themen/Issues bzw. eine Häufung an gleichartigen Beschwerden als solche erkennen.
  • Eine (Social-Media-)Analyse oder/und Monitoring-Tool, um ein erhöhtes Aufkommen an Kommentaren und DM zu screenen.
  • Ein Issue-Management, um Themen zu sammeln und zu bewerten.
  • Ein Alarmierungssystem: Was sind Kriterien von Beschwerden, damit sie als eine Pre-Phase eines Shitstorms identifiziert werden können?

Das Problem an der obigen Auflistung ist, dass die einzelnen Teams meist unabhängig voneinander agieren. Gemeinsame Meetings oder Sitzungen und ein regelmäßiger Austausch zu dem Thema sind hilfreich, um alle Teammitglieder zu sensibilisieren. Diese können übrigens auch in ruhigen Zeiten Chancen zur Verbesserungen des Unternehmens bieten.

Weiters können den Teams konkrete Kennzahlen als Richtlinien gegeben werden. Dabei ist neben der Quantität auch die Qualität von Beschwerden zu definieren. Denn oft reicht nur ein einzelner wütender User aus, um einen Shitstorm auszulösen.

  • Monitoring & Social Listening
    • Gibt es zu einem Thema, Produkt, dem Unternehmen News-Meldungen?
    • Gibt es zu einem Thema, Produkt, dem Unternehmen Diskussionen in einem Forum, auf einer anderen Website oder in den sozialen Medien?
  • Website-Analyse (Analyse-Tools & Google Search Console): 
    • Gibt es auffällig mehr Zugriffe? 
    • Auf eine bestimmte Inhaltsseite?
    • Gibt es auffällig mehr Zugriffe über die Suchmaschinen zu einer bestimmten Keywordphrase? 
    • Gibt es ein erhöhtes Aufkommen von Kommentaren, Kontaktaufnahmen oder Reklamationen über die Website?
  • Social Insights
    • Gibt es mehr (negative) Kommentare & Interaktionen zu einem Thema?
    • Gibt es mehr Anfragen über DM?
    • Gibt es mehr Reichweite, Zugriffe etc. bei einem bestimmten Post?
  • Customer Service
    • Gibt es mehr Anfragen, Beschwerden, Reklamationen zu einem bestimmten Thema oder Produkt?
    • Gibt es Kunden, die besonders verärgert sind?
  • PR & Öffentlichkeitsarbeit
    • Gibt es spezielle Anfragen von Medien zu einem Thema?
  • Für alle: Gibt es bestimmte Keyplayer, die besonders wütend oder verärgert sind?

Maßnahmen in der Pre-Phase

  • Issue-Management auswerten oder starten
  • Altlasten monitoren und beseitigen: Diese beiden ersten Schritte gehören zusammen. Meist kündigt sich ein Shitstorm schon an, da – wie ausgeführt – dieser oft gestartet wird, weil sich User nicht gehört fühlen. In der Pre-Phase können alte Kommentare, Beschwerden gesammelt und bewertet sowie Issues bereits aufgespürt werden. Auch hier ist es am besten, alle Teams einzubinden, die mit Kunden in Kontakt kommen.
  • Verstärktes Community-Management: Ist man schon sensibilisiert, sind es die User auch. Gibt es z. B. in den DM oder bei Reklamationen noch Fälle, die nicht bearbeitet oder beantwortet wurden, ist es jetzt höchste Zeit dafür.
  • Alle Schritte, die auch in der Akut-Phase angewandt werden, können bereits in der Pre-Phase helfen. Wichtig ist es, schon in der Pre-Phase zu reagieren und die aufkommenden Empörungswellen zu glätten.
  • Nicht gut beraten ist, wer die Strategie „Abwarten“ anwendet: In einem Fall konnte ich ein Unternehmen in der Pre-Phase beraten und es davon abhalten, „Beschwichtigungsschritte“ gegenüber Medien zu setzen. Ganz im Gegenteil hat das Unternehme den Fehler frühzeitig eingestanden, was keine Spielräume für Mutmaßungen oder Spekulationen oder auch mediale Aufreger ließ. Der Shitstorm konnte auf diese Weise schon frühzeitig eingedämmt werden.

Ein weiteres Unternehmen hat die Ratschläge in der Pre-Phase nicht befolgt. Die fehlende „Entschuldigung“ und auch der Versuch, sich zu verteidigen, hat das Feuer der Community entfacht. 

Wer sich aktuell in der Pre-Phase befindet, sollte nun nicht aufhören zu lesen.