Was ist ein Shitstorm?

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Begriffsdefinition Shitstorm

„Shitstorm (zusammengesetzt aus englisch shit „Scheiße“ und storm „Sturm“) bezeichnet im Deutschen das lawinenartige Auftreten negativer Kritik bis hin zur Schmähkritik im Rahmen von sozialen Netzwerken, Blogs oder Kommentarfunktionen von Internetseiten. Er richtet sich gegen Unternehmen, Institutionen, Einzelpersonen oder in der Öffentlichkeit aktive Personengruppen wie etwa Parteien.  

Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Shitstorm , abgerufen am 11.20.2022

Wenn User unzureichend oder falsch informiert sind oder wenn sie sich mit ihrem Problem zu wenig betreut fühlen, aber natürlich auch bei Fehlern des Unternehmens, kann es online schnell zu reichweitenstarker Kommunikation und in weiterer Folge zu einer Krise kommen – hinlänglich bekannt als Shitstorm. Wer schuld daran ist, die Krise oder die unzureichende Kommunikation, ist hier eine Hennen-Ei-Frage. Gelöst werden kann ein Shitstorm aber nur, wenn ein Unternehmen auf beiden Ebenen handelt, also sowohl aktive Krisenkommunikation betreibt als auch eine offene Fehlerkultur lebt.

Der Storm kann sich weit über die sozialen Medien verbreiten, bis hin in Tageszeitungen und Printmedien.

Der Shitstorm als juristische Definition

Im Juni 2024 gibt es das erste Urteil für einen Shitstorm-Beteiligten. Die Medienexpertin Ingrid Brodnig sieht dies als beeindruckend: „Die Logik des Höchstgerichts in der Entscheidung nennt sie „beeindruckend“. Sie habe den Eindruck, „der OGH hat wirklich verstanden, was ein Shitstorm ist“, sagt Brodnig: dass sich ein solcher eben „aus der Summe der einzelnen Teile ergibt“ und „diese Flut an Gehässigkeiten oder an falschen Behauptungen das Belastende ausmacht“. (Ingrid Brodnig in orf.at, abgerufen am 13.6.2024)

In einem Urteil des OGH wurde der Shitstorm wie folge definiert (Zitiert von der Website des RIS, abgerufen a, 13.6.2024):

„[46]     Der Kläger bezeichnet das ihm widerfahrene Ereignis zutreffend als „Shitstorm“ und umschreibt es bildhaft mit den Worten „Steinigung im Zeitalter der digitalen Revolution“. Unter „Shitstorm“ wird ein „Sturm der Entrüstung im virtuellen Raum“ mit zum Teil beleidigenden Äußerungen gegen eine Person verstanden (so zum „Shitstorm“ Gabler, Wirtschaftslexikon, https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/shitstorm). Ein Shitstorm entsteht durch das Zusammenwirken vieler Menschen (Anderl/Woltran in Zankl, Rechtshandbuch der Digitalisierung [2021] Rz 20.19 [viele user]). Erst bei Beteiligung einer für den Betroffenen zumeist nicht oder jedenfalls nicht exakt erfassbaren Menge an Teilnehmenden kann von einer „massenhaften, im Internet geäußerten Empörung“ (wiktionary, https://de.wiktionary.org/ wiki/Shitstorm) gesprochen werden. Darin liegt auch die besondere (geballte) Wucht eines solchen Ereignisses, weil das Ziel des Shitstorm nicht bloß von einer Person, sondern „hagelartig“ von vielen Menschen in Form einer zumeist anonymen Masse angegriffen wird.

[47]     Dass sich ein solches Ereignis im vorliegenden Fall abgespielt hat, sich am Sturm der Entrüstung also eine – wenn auch zahlenmäßig nicht genau fassbare – Vielzahl an Facebook-Usern beteiligt hat, steht aufgrund der schon nach außen hin gegenüber dem Kläger und seinem Umfeld ad personam in Erscheinung getretenen Reaktionen sowie aufgrund des Umstands, dass der Kläger selbst 406 Personen, die sich daran beteiligt haben, ausfindig machen konnte, fest.

[48]     Wesentlicher Kern für die Beurteilung ist, dass ein einzelner einen Shitstorm allenfalls „lostreten“, ihn mitverursachen oder daran teilnehmen kann – alleine bewirken kann er ihn nicht. Die Schlagkraft einer solchen Vorgehensweise liegt gerade erst in der öffentlichen Schmähung durch viele Personen, die vom Opfer als ungerechte Verurteilung durch die „Allgemeinheit“ erlebt wird.“

 

Arten eines Shitstorms nach Plattformen

Analog und online

Auch wenn das Wort Shitstorm stark mit sozialen Medien verknüpft wird, gibt es diese Form der Kritikäußerung nicht erst seit den sozialen Medien, d. h. sie kann auch offline stattfinden. Soziale Medien haben lediglich den Weg und die Dynamik eines Shitstorms verändert. Durch die Möglichkeit einer schnellen Verbreitung und dem Erreichen vieler Personen ist das Tempo eines Shitstorms über soziale Medien um vieles höher als beispielsweise in Printmedien. Auch beim Reagieren auf einen Shitstorm ist Tempo gefragt. 

Nichtsdestotrotz schaffen es gerade Shitstorms großer Unternehmen auch in die traditionellen Medien wie Print-Magazine, Tageszeitung oder Fernsehen.

On- und Off-Page

Mit On-Page wird eigentlich die eigene Website bezeichnet, aber auch weiterführend alle eigenen Online-Kanäle, auf denen sich ein Shitstorm manifestieren kann. Er kann jedoch auch auf fremden Portalen oder Seiten stattfinden. Daher ist es wichtig, laufend die Kommunikation über das eigene Unternehmen, Brand oder die Marke zu monitoren und zu beobachten, aber auch auf den wichtigsten Medien bzw. Portalen als Firma präsent zu sein. Denn nur weil man nicht präsent ist, bedeutet dies nicht, dass über einen nicht geredet wird – ist man präsent, so wird man im besten Fall wenigstens markiert und ist somit über Diskussionen informiert. Im schlechtesten Fall verwenden andere den Firmennamen, erstellen unter diesem einen Account und geben vor, als dieses Unternehmen zu agieren. 

Auslöser des Shitstorms

Auch wenn oft vermutet wird, dass es sich um Trolle handelt, die um Aufmerksamkeit buhlen, geht es bei Shitstorms teilweise um mehr. Oft fühlen sich User von einem Unternehmen nicht gehört und/oder wollen auf Werte/Normverfehlungen eines Unternehmens, auf Produktfehler oder Ähnliches hinweisen.

Um besser gehört zu werden, probieren die User, die Community zu mobilisieren. Das funktioniert besser über Emotionen und negativen Inhalt als über freundlichen Content.

„… das Äußerungen umso eher betrachtet werden, je extremer, schärfer und gehässiger sie sind.“ (Stegbauer, 2018, S. 3)

Häufig liegt dem auch eine vorhergehende fehlgeschlagene Kommunikation von User oder Medien mit dem Unternehmen zugrunde und die Verbreitung über soziale Medien erscheint oft als letzter Ausweg, Gehör zu finden, um auch andere auf die Verletzung von Werten oder Fehler des Unternehmens hinzuweisen. Diese Kritik anzunehmen ist für ein Unternehmen wichtig, damit man nach dieser grundlegenden Ursache sucht, sie behebt und dies auch klar kommuniziert.

  • Fehltritte des Unternehmens oder der Mitarbeiter 
    • Im B2C-Bereich: Insbesondere schlechtes Kundenservice kann dazu führen, dass Kunden ihrem Frust freien Lauf lassen.
    • Im B2B-Bereich:
  • Produktmängel, die Auswirkungen auf Leben oder Umwelt haben
  • Mangelhafte Kundenbetreuung oder schlechtes Kundenservice, Kundenkommunikation oder Service für Reklamationen
  • Verletzung ethischer oder moralischer Grundsätze
  • Auslöser im eigenen Unternehmen 
  • Umgang mit Beschwerden
  • Fehlnutzung von Social-Media-Kanälen, z.B. Nutzung eines falschen Fotos oder unpassender Hashtags
  • Unzufriedenheit von Kunden
  • Hass von Kunden

Dauer

Wie lange ein Shitstorm dauert, hängt von vielen Faktoren ab. Aber die oft erwähnte Tatsache, dass ein Shitstorm nach einer gewissen Zeit wieder abflaut oder in sich zusammenbricht, kann so nicht verifiziert werden. Wird das Learning nach einem Shitstorm nicht ernst genommen bzw. werden die Fehler nicht vollständig beseitigt, kann sich der Shitstorm in die Länge ziehen oder wieder auflodern.